Ein Butler als idealer Gentleman
Dem englischen König Jakob II (1633 – 1701) wird folgendes Zitat in den Mund gelegt: „Die Schaffung eines Gentlemans ist dem Allmächtigen vorbehalten.“ Ist ein echter Gentleman demnach gottgleich? Wenn man der Damenwelt glauben mag – ja. Ein Butler nach englischem Vorbild verkörpert die Tugenden eines idealen Gentlemans auf eindrucksvolle Weise.
Auch wenn der Habitus eines Butlers mitsamt Livree und weißen Handschuhen in der modernen Zeit etwas angestaubt wirkt, die Gentleman-Tugenden bleiben erstrebenswert. Ein Butler dient mit Würde und Anstand. Dabei tritt er stets mit zurückhaltender Zuvorkommenheit auf – dies ist kein
Wortspiel. Ein guter Butler drückt sich gewählt und sparsam mit Worten und Gesten aus und ist in jeder Lebenslage höflich, ohne übertrieben freundlich zu wirken. Der Begriff „gentlemanlike“ bezeichnet das vollkommene, edle Verhalten eines Mannes, der dafür keine Gegenleistung erwartet.
Nicht nur gegenüber dem weiblichen Geschlecht, sondern gegenüber all seinen Mitmenschen – unabhängig von Herkunft und Status. Dieser Anspruch unterscheidet den modernen Gentlemen allerdings von seinem früheren Pendant.
Woher kommt der Ur-Gentleman?
Das Idealbild eines perfekten Gentlemans wurde zwar von den christlichen Werten der westlichen Welt im 18. und 19. Jahrhundert geprägt. Doch die Anleitung für erstklassige Manieren hat einen deutlich weiter zurückliegenden historischen Ursprung. Bereits viele Jahre vor Christus erstellten asiatische Kulturen ein Muster für vollkommenes Verhalten. Bis heute werden Tugendhaftigkeit und Freundlichkeit als angeborene Charaktermerkmale den Asiaten zugesprochen.
Jedoch hatte das erlernte gentlemanlike Benehmen einen anderen Hintergrund und sollte die herrschende Klasse von den „kleinen Leuten“ abgrenzen. Man war davon überzeugt, dass allein durch Geburt, Charakter und Benehmen die „Oberschicht“ der „Unterschicht“ überlegen wäre. Der Terminus für Gentleman lautete im alten China „Chün-Tzu“ (Sohn eines Herrschers).
Ebenso dachten die alten Griechen. Sie unterschieden die Menschen in „kaloskagathos“ (gleichbedeutend für edel) und „banausos“ (gleichbedeutend für vulgär). Selbst wenn das einfache Volk freundlich und wohlerzogen wäre, könnte es niemals edel und großmütig handeln, denn hierfür bedürfe es der hohen Geburt mitsamt finanzstarkem Polster.
Ähnliche Unterschiede machte der Adel später sogar zwischen den einzelnen europäischen Völkern. Die reichen Vertreter einiger Königreiche galten als Barbaren, obwohl sie von edler (adliger) Abstammung waren. Sie konnten sich einfach nicht benehmen. Allmählich entstand in der westlichen Welt das Idealbild eines echten Gentlemans, dessen Ursprünge gern im alten England gesucht werden. Ein Butler sollte den edlen Charakter seiner Herrschaft nach außen widerspiegeln.
Zielstrebigkeit, Anstand und Stil
Diese Tugenden hatten bei der einfachen Bevölkerung Vorbildwirkung, Durch ein sorgfältig einstudiertes gutes Verhalten erhoffte man sich einen gesellschaftlichen Aufstieg und somit ein besseres Einkommen. Der amerikanische Wunsch „vom Tellerwäscher zum Millionär“ kann bezüglich des Berufsbildes Butler mit dieser Aussage gleichgesetzt werden: „vom einfachen Diener zum gehobenen Butler“. Leider hat der Geld-Adel der Wirtschaftswunderzeit es nicht immer geschafft, seine Nachfahren entsprechend zu schulen. Auch heute verwechseln Söhne (und Töchter) oft ererbten Reichtum mit einem gehobenen Status und bestätigen das Vorurteil „Geld verdirbt den Charakter“.
Ein echter Gentleman ist zielstrebig, kennt keinen Müßiggang, besitzt eine hohe Moral und überzeugt die Öffentlichkeit mit guten Manieren. Ein Butler-Training bringt die positiven Eigenschaften jedes Menschen zum Vorschein. Somit ist der Butler in der modernen Welt kein überflüssiges Aushängeschild für veraltete Etikette, sondern verkörpert den gepflegten Gentleman mit Vorbildwirkung. Etwas mehr Anstand und Stil würde das Zusammenleben in jeder Hinsicht angenehmer gestalten.