Stil und Etikette: Die Unterschiede erklärt

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Abgehoben oder wieder zeitgemäß?

Tischmanieren kann man lernen, zum Beispiel in einer Butlerschule. Sie gehören zum guten Stil, decken jedoch nur einen kleinen Bereich des angemessenen Benehmens ab. Stil und Etikette werden nicht selten miteinander verwechselt. Ist der alte Knigge noch zeitgemäß oder herrscht ein allgemeiner Werteverfall? Das Gegenteil ist der Fall.

Vor allem im Businessbereich wird großer Wert auf stilvolles Verhalten und gute Umgangsformen gelegt – sowohl bei Tisch als auch im gesellschaftlichen Leben. Regeln erleichtern selbst außergewöhnlich selbstbewussten Personen mit schwierigem Charakter den respektvollen Umgang – für ein harmonisches Miteinander.

Was bedeutet der Begriff Etikette?

Das Wort stammt aus dem Französischen – l’etiquette. Der Sonnenkönig, Ludwig XIV. ließ an seine Hofgesellschaft Zettel verteilen und aufhängen, die der Dienerschaft helfen sollten, Ordnung zu halten, Gäste entsprechend ihres Status zu behandeln und sich ansprechend zu benehmen. Denn die sogenannten Benimmregeln galten früher nur bei Hofe.

Das einfache Volk kannte solche Regeln nicht und galt deshalb als ungebildet und unwert. Diese Zettelwirtschaft war quasi der Vorreiter der anschließenden Protokollordnung, die an allen großen Königshöfen die „Rangordnung“ festlegte. Etikette waren für den Adel und sein höfisches Volk ein nützliches Regelwerk. Sie können mit „Benimmregeln“ gleichgesetzt werden – bezogen auf die Erwartungshaltung innerhalb der jeweiligen sozialen Kreise.

In der heutigen, modernen Zeit setzen Knigge-Verfechter diesen Begriff einfach mit zeitgemäßen Umgangsformen gleich. Man sollte nämlich nicht vergessen, dass privat wie geschäftlich der erste Eindruck zählt. Wer jedoch die Regeln kennt, bewegt sich auf jedem Parkett sicher und weiß, was richtig ist und was falsch ist. Nur wer weiß, wie man sich regelkonform verhält, darf die Regeln auch mal brechen.

Wer gab dem Knigge seinen Namen?

Der Begriff Knigge hat sich allgemein als Synonym für gehobenen Stil und Regelwerk eingebürgert. Erstmals schriftlich aufgeführt und seitdem viel beachtet wurden die Benimmregeln für die Allgemeinheit von Adolph Freiherr von Knigge im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Herr Knigge hatte es als unschuldig verarmtes Waisenkind nicht leicht in der adeligen Gesellschaft.

Aufgrund seines Freigeistes konnte er nie wirklich Fuß am Hofe fassen und fand keine Anstellung. Deshalb musst er sich andere Erwerbszweige suchen und betätigte sich als Schriftsteller. Er galt als Aufklärer. Er war strikt gegen Absolutismus und setzte sich für die Gleichberechtigung der Stände ein.

Sein Buch „Über den Umgang mit Menschen“ war weniger ein Benimmregelwerk, sondern ein fortschrittliches Aufklärungsbuch und wurde zu seiner Zeit von jedem einfachen Menschen verschlungen, der des Lesens mächtig war. Sein Credo war: Nur wer sich in der gehobenen Gesellschaft angemessen verhalten kann, schafft es aus dem niederen Stand heraus und kann etwas aus seinem Leben machen. Bis zur Unkenntlichkeit verändert und angepasst gilt das Buch heute als Vorzeige-Knigge für gute Manieren, vor allem bei Tisch. Knigge selbst wäre sicher nicht erfreut darüber.

Was bedeutet Stil?

Stil ist nicht das Ende des Besens. Stil wird vom lateinischen Wort Stilus hergeleitet und bedeutet so viel wie „Griffel“. Der Begriff bezieht sich auf den unverwechselbaren Schreibstil der hauptamtlichen Schreiber der Antike, die Tafeln und Steine mit einem Griffel beschrifteten. Auch in der Schule war ein Griffel lange Zeit das einzige Schreibgerät. Tinte und Feder kamen erst später zum Einsatz.

Schriftgelehrte verfassten Bücher oder Schriftrollen per Hand und waren an ihrem individuellen Stil erkennbar. Ein eigener Stil ist heute Ausdruck für die Individualität in der Art der Kleidung, des Auftretens und der Rhetorik. Ein gefestigter Schreibstil, der sich an die Regeln der Kommunikation hält, spielt im Geschäftsverkehr eine große Rolle. Ein stilvoller Geschäftspartner schreibt seine Post zum Beispiel mit der Hand, um seinem Gegenüber besondere Wertschätzung zu zeigen. Man darf diesen konservativen Stil ruhig gentlemanlike nennen.

Stil und Etikette sind wie eine Visitenkarte

Freiherr von Knigge schrieb bereits vor über 200 Jahren: „Lerne den Ton der Gesellschaft anzunehmen, die dich umgibt.“ Heute könnte man hinzufügen: „… aber behalte deinen individuellen Charakter und vergiss nicht, wer du bist.“ Die Zeit befindet sich unaufhörlich im Wandel. Auch der Kommunikationsstil entwickelt sich. Doch die Verwendung des passenden Bestecks und die richtige Reihenfolge der Gläser sind bei gehobenen Anlässen nach wie vor gefragt.

Ein Butler aus einer erstklassigen Butlerschule kennt sich mit den Tischmanieren bestens aus und weist ungeübte Gäste diskret auf vermeidbar Fehler hin. Kleiderordnung und Dresscode-Regeln gehören ebenfalls zu Stil und Etikette. Unser öffentliches Auftreten ist unsere Visitenkarte und bestimmt, wie wir von anderen Menschen wahrgenommen werden. Dabei gilt jedoch auch: Wer sich immer normgerecht verhält, geht in der breiten Masse unter.

Deshalb ist es wichtig, seinen eigenen Stil zu finden und zu pflegen – mitsamt Stärken, Schwächen und Macken. Authentizität ist das Zauberwort, was schlicht und einfach bedeutet, sich nicht vollständig verbiegen zu lassen, nur damit wir anderen gefallen. Ein zeitloser Lieblingssatz aus dem original Knigge-Werk lautet: „Sei, was du bist – immer und ganz.“

Ein gut ausgebildeter Butler sorgt dafür, dass seine Herrschaft nach außen stets im rechten Licht erscheint, selbst wenn die „Benimmregeln“ einmal nicht perfekt eingehalten wurden. Wer in den Genuss einer Butlerschule kommen durfte, kann sich später als Coach selbstständig machen und Seminare geben, die anderen Menschen helfen privat und geschäftlich souverän aufzutreten.

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Jörg Schmidt
Jörg hat nach seiner Ausbildung in einem 5 Sterne Hotel viele Jahre in Luxushotels und als Butler in Privathaushalten im In- und Ausland gearbeitet. Seine Expertise aus über 30 Jahren hat 2016 zur Gründung der Deutschen Butlerakademie geführt. Exzellenter Service ist sein Lebensmotto.

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