Japanische Mahlzeiten – für alles eine eigene Schale
Japan und Essen, das ist eine Sache für sich. Alles wirkt herrlich kunstvoll angerichtet, vom Essgeschirr aus traditioneller Herstellung über die Dekoration am Tisch bis hin zur Anreichung der Speisen selbst. Hier ist sofort klar: Das Auge isst mit. Daher sollte sich jeder vor der Reise über die wichtigsten Verhaltensregeln beim Essen in Japan informieren.
Reinlichkeit spielt eine wichtige Rolle
Vor dem Essen Händewaschen nicht vergessen, das lernt jedes Kind. Japanische Mahlzeiten beginnen ebenfalls mit de Reinigung der Hände, und zwar werden dafür in heißes Wasser gebrauchte und sorgfältig ausgewrungene Tücher gereicht. Die Tücher werden, handlich zusammengerollt wie ein einschlägig bekanntes Gebäckstück, in einem kleinen Körbchen oder einer Schale transportiert, dampfen und sollten mit einer entsprechenden Zange zugereicht werden. Die Tücher sind ausdrücklich nur für die Hände bestimmt. Dennoch sieht man immer wieder Personen, die sich mit dem Tuch Gesicht und Hals wischen und insbesondere den Schweiß von Stirn und Hals entfernen. Das gilt als sehr
unfein, wird aber akzeptiert.
Um die Reinlichkeit geht es auch bei den Essstäbchen. Jeder bei Tisch hat ein eigenes Paar bereitliegen, und zwar parallel zur Tischkante und zwischen Teller/Schale und besagter Kante. Dabei ist das dickere Ende der Stäbchen (das Ende, das gegriffen wird), grundsätzlich nach rechts ausgerichtet. Die vordere Spitze der Stäbchen ruht auf einer Stäbchenbank, genannt hashioki, und berührt den Tisch nicht. Die Stäbchen werden auf keinen Fall im Essen oder gar stehend in Schalen gelagert. Mit einer Ausnahme: Bei einer Trauerfeier wird ein zusätzliches Gedeck für den oder die Verstorbene/-n aufgelegt, und da werden die Stäbchen demonstrativ in den Reis gesteckt.
Eigene Schalen für Reis, Gemüse, Fisch und Fleisch
Suppen werden in der Regel in Lackware serviert. Die kleinen Schalen sind traditionell außen schwarz und innen rot gehalten und sind aus lackiertem Holz gefertigt. Sie haben einen Fuß, so dass die Schale selbst den Tisch nicht berührt. In Japan ist man davon überzeugt, dass das Luftpolster in dem hohlen Fuß dafür sorgt, dass die Suppe während der Mahlzeit länger warm und damit länger schmackhaft bleibt. Ohne Suppe geht es nicht: Zu japanischen Mahlzeiten werden traditionell nur ein Becher Tee oder starke Alkoholika serviert. Die Suppe ersetzt das Getränk.
Reis wird in der Reisschale serviert. die ist aus feinem, sehr dünnem und oft hellem Porzellan gefertigt und hat ebenfalls einen Fuß mit Luftpolster. Alle anderen Speisen liegen auf kleinen, flachen Tellern, die zum Teil ebenfalls vom Tisch erhaben sind. In der gehobenen Küche bekommt jeder und jede Essende die Schalen mit vorportionierten Speisen vorgestellt, auf einem Lacktablett angerichtet und einzeln abgedeckt.
Die Sitzhaltung – gar nicht so einfach
Traditionell wird in Japan auf dem Boden sitzend gespeist. Niedrige Tische halten die verschiedenen Speisen. Diese Tische können aber durchaus die Kapazitäten einer Tafel haben und sind nicht unbedingt auf vier oder sechs Personen beschränkt. In etwas älteren Einrichtungen und vor allem in den Klöstern wird aber oft noch einzeln aufgetragen: Die dienstbaren Geister der Küche transportieren kleine Tischchen (eines je Person), auf denen je ein Set der Mahlzeit angerichtet ist.
Die Räume, in denen dies passiert, sind in der Regel mit Schiebetüren (shoji) versehen, geschlossen und mit Reisstrohmatten (tatami) ausgelegt. Manchmal gibt es Sitzkissen oder niedrige Stuhllehnen, die das Sitzen auf dem Boden bequemer gestalten. Während die Männer im Schneidersitz sitzen, knien die Damen: Der Po befindet sich zwischen den Fersen der unter den Körper gezogenen Füße. Die Tische zum Essen werden vor der Raum abgestellt, aus einer seitlichen Kniehaltung heraus wird die Schiebetür geöffnet, und aus einer Verbeugung heraus bewegt man sich im Knien in den Raum. Dort kniet man seitlich zu den Herrschaften, holt den Tisch herein und schließt die Tür wieder. Erst dann erhebt man sich mit einer weiteren Verbeugen und trägt in gebückter Haltung den Tisch zu dem oder der jeweiligen Speisenden.
Über den Durst getrunken?
Vielen Japanern fehlt ein Enzym, das den Abbau von Alkohol begünstigt. Sie werden nach wenigen Schlucken Wein oder Bier bereits feuerrot im Gesicht und brauchen auch entsprechend wenig Alkohol, um sich dem angenommenen exzessiven Konsum entsprechend zu verhalten. Dass die Sitzhaltung dann nicht mehr perfekt ist, versteht sich von selbst. Aber auch die Sitten im Allgemeinen leiden. Anzüglichkeiten und Witze, die in anderen Kreisen eher nicht öffentlich vorgetragen werden, sind in dieser Runde normal. Denn Frauen werden in der japanischen Gesellschaft eher am Rande oder gar nicht wahrgenommen. Zwar verkehren grundsätzlich auch Frauen in den gehobenen Kreisen, aber von ihnen wird erwartet, dass sie derartiges Verhalten nicht nur tolerieren, sondern unter Umständen auch als männliche Eigenschaft positiv aufnehmen.
Nicht zu ernst nehmen!
Abschließend sei noch anzumerken, dass der Vollrausch in Japan Gesellschaft akzeptiert ist. Taten, die im Rausch begangen werden, sind ungeschehen. Wer sich danebenbenimmt, wird sich also nie entschuldigen oder auch nur denken, dass dies erwartet werden könnte. Da Alkohol bekanntlich die Sinne vernebelt, gilt für Betrunkene das, was auch für kleine Kinder und Senioren gilt: Sie sind für ihr Tun einfach nicht verantwortlich.